Weisheit

„Wer macht was bis wann?“ oder „Was wünsche ich uns allen für 2021?“

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Schon seit ein paar Tagen habe ich einige Absätze und Worte im Kopf für meinen letzten Blogbeitrag in 2020. Diese verändern sich jedoch immer wieder, je nach dem auf welchen Teil des letzten Jahres ich zurückblicke oder welchen Artikel ich gerade lese. Dieses Jahr war für mich persönlich mit sehr vielen und anstrengenden Herausforderungen verbunden. Gleichzeitig habe ich auch wenige Jahre in Erinnerung, die so viele schöne Momente für mich bereithielten.

Nicht nur die negativen Geschehnisse, auch die grossen Hilfen und Unterstützungen und viel mehr noch die kleinen menschlichen Gesten, die ich selber immer und immer wieder erfahren durfte, liessen mich vieles erleben. Vieles ist geschehen, was ich am Anfang dieses Jahres nicht für möglich gehalten hätte. 

Mut machten mir die vielen inspirierenden Begegnungen mit all jenen, die ähnlich wie ich jeden Morgen wieder von neuem aufstehen, um trotz allem oder gerade, weil alles in diesem Jahr so anders ist, immer wieder neu eine Welt gestalten wollen, in der wir alle gerne leben möchten.

Die Frage „Wer macht was bis wann?“ ist der Einstieg in das Buch Community von Peter Block welches ich vor wenigen Tagen erhalten habe.

„Wer macht was bis wann?“ könnte zu einer der wichtigsten Fragen im kommenden Jahr werden, wenn wir das, was uns 2020 an Aufgaben präsentiert wurde, ernst nehmen und es als Auftrag sehen, die Welt zum Positiven zu verändern. Es ist viel über das letzte Jahr berichtet worden und viele wünschen sich nichts sehnlicher, als dass es nun zu Ende geht, was rein kalendarisch auch in wenigen Stunden der Fall sein wird. 

Im „Wer macht was bis wann?“ stecken für mich viele wichtige Aussagen und Impulse gleichzeitig.

Wer? – Keine und keiner von uns muss alles alleine machen oder die Antwort alleine kennen. Im kommenden Jahr 2021 geht es für mich vor allen Dingen darum, mit den richtigen und engagierten Menschen gemeinsam Neues zu gestalten. „Wer?“ stimmt mich zuversichtlich. Keine Person arbeitet alleine an der Lösung. Wir werden uns abwechseln und jede Person wird sich mit ihrem Wissen einbringen. Die Lösung für das, was nun vor uns liegt, kennt niemand, wir müssen sie gemeinsam entwickeln. 

Wir alle kennen die Aufgabe, die sich uns nun stellt, bezüglich des Lösungswegs sind wir aber wahrscheinlich nicht alle gleicher Meinung. Manche wünschen sich, dass alles einfach wieder so wird wie früher, wie damals, bevor wir im März in den ersten Lockdown gingen. Andere wollen „es“ so schnell wie möglich hinter sich haben. Manche sehen vor allen Dingen jene Menschen, die viel oder sogar alles verloren haben und wieder andere sehen die positiven Auswirkungen für Mensch und Natur.  Die Aufgabe wird sein, mit dieser neuen Welt umzugehen. Wir haben jetzt die Chance, eine Welt zu gestalten, die für alle gut funktioniert und nicht nur für die wenigen, die aus unterschiedlichsten Gründen viel Geld haben und bis vor kurzem dachten, dass man sich mit diesem Geld alles kaufen kann.

macht“ – Machen, im Sinne von etwas tun, ist eines der wichtigen Mottos für das kommende Jahr. Zuschauen von der Tribüne ist nicht angesagt. Auch Denken und Konzepte entwickeln, ohne sie in die Praxis zu bringen, wird uns nicht weiterbringen. Es ist Zeit, die Ärmel hochzukrempeln und beizutragen, zu helfen. Wir alle kennen inzwischen eine Person, deren Leben sich durch Corona verändert hat und wahrscheinlich auch mehr als ein Unternehmen, einen Gastrobetrieb oder auch eine Einzelfirma, welche vom Ausbleiben der Kunden und den externen Massnahmen so betroffen ist, dass sie ihr Geschäft aufgeben muss und vor dem Nichts steht. Diese Menshen brauchen unsere Unterstützung.

„Was?“ – Was kann ich als einzelne Person beitragen, wenn ich Menschen begegne, denen es schlechter geht als mir? Worum möchte ich jene Personen bitten, denen es gerade besonders gut geht? Und vor allen Dingen: Was ist wirklich wichtig? Ich habe mir seit einigen Jahren angewöhnt Menschen, sowohl Freunde als auch Kunden, immer als erstes zu fragen „Was brauchst du?“. Die gleiche Frage stelle ich auch mir selber immer wieder und manchmal sind es ganz konkrete, materielle Dinge, die ich benötige, um etwas zu erreichen, was mir wichtig ist. Manchmal ist es eine Umarmung, die ich brauche, manchmal eine Ermunterung oder ein Lächeln.

„bis wann?“ – Nicht alles ist gleich dringend und nicht alles kann bis morgen warten. Für das kommende Jahr ist viel Fingerspitzengefühl und viel Weisheit gefragt, um in möglichst vielen Situationen den richtigen Zeitpunkt zum Handeln zu finden. Panik ist nicht angesagt. Die Situation aussitzen ist definitiv auch keine Lösung. 

„Bis wann?“ ist für mich ganz persönlich als Aufforderung gedacht, immer wieder innezuhalten und zu schauen, ob ich im richtigen Rhythmus unterwegs bin. Bin ich zu schnell? Bin ich zu langsam? Und was genau macht den richtigen Zeitpunkt aus? Dabei hilft mir die Natur immer wieder den stimmigen Moment zu finden. Und sie hilft mir auch, zu beobachten und zu analysieren und erst dann zu handeln. Und natürlich hilft es auch, mein Gegenüber einfach zu fragen. Genauso wie ich frage „Was brauchst du?“ kann ich auch fragen „Was ist ein guter Zeitpunkt für etwas, dass ich zu deinem Wohl beisteuern kann?“

Ich habe schon oft über das Thema Weisheit geschrieben und gesprochen, wahrscheinlich fast so häufig, wie ich über unsere Beziehungen zum Geld philosophiere. Beides sind Themen, die mir wichtig sind, beides sind Themen, die mein kommendes Jahr prägen werden.

Als Vorbereitung für diesen Blogbeitrag las ich nochmals den Artikel, welchen ich vor einem Jahr für die Zeitschrift „Doppelpunkt“ verfassen durfte. Ich wurde damals gebeten, darüber zu schreiben, was ich der Schweiz für das Jahr 2020 wünsche. 

Vor einem Jahr habe ich uns einen achtsamen, liebevollen Umgang mit Geld gewünscht. Während meiner Fastenzeit im März 2020 habe ich einige weitere Gedanken dazu in diesem Blog niedergeschreiben. Daneben habe ich der Schweiz gewünscht, dass sie eine Wirtschafts- und Finanzstrategie entwickelt, die nicht nur an heute denkt, sondern die Wirkung für die sieben Generationen, die nach uns kommen, berücksichtigt. Die Weiterentwicklung der Finanzmarktpolitik in der Schweiz scheint in eine vielversprechende Richtung gehen zu wollen. Am 4. Dezember hat der Bundesrat die Weiterentwickung hier konkretisiert und beschlossen. Innovation, Vernetzung und Nachhaltigkeit stehen im Zentrum. 

Etwas, was ich zu Beginn des letzten Jahres als Wunsch überhaupt nicht im Fokus hatte, war die persönliche Gesundheit und das Schaffen eines Umfeldes, welches uns und unserem Immunsystem und dem Immunsystem unserer Wirtschaft gut tut.

So ergänze ich meine Wünsche aus 2020 mit dem Wunsch, dass wir im Sinne von „Wer macht was bis wann?“ alle dazu beitragen eine aktiv gestaltende und gesunde Gesellschaft zu erschaffen und zu erhalten. 

Bei diesem Wunsch geht es um die persönliche Gesundheit von uns selbst und auch um die Gesundheit der anderen Menschen um uns herum. Dies kann manchmal dazu führen, dass wir uns an Regeln halten müssen, die wir selber so nicht aufgestellt hätten. Dies ist aber auch eine Aufforderung, zur Stärkung des Immunsystems selber beizutragen, durch gesunde und natürliche Nahrung, durch einen gesunden Lebensstil und auch durch einen gesunden, umweltverträglichen Konsum, der sich auf das beschränkt, was wir wirklich brauchen. 

Und auch für die Wirtschaft wird es wichtig sein, dass sich alle immer wieder die Frage stellen: „Wer macht was bis wann?“.  Kreislaufwirtschaft und kurze Transportwege, faire Preise und faire Löhne, Produktion, die am wirklichen Bedarf ausgerichtet ist, dies sind Elemente eines gesunden Wirtschaftssystems. 

Und vor allen Dingen braucht es Weisheit, bei den Führungspersönlichkeiten und politisch aktiven Menschen, damit Sie Entscheidungen treffen, die dem Wohle aller dienen und Leid vermindern. Auch hier gibt es bereits zukunftstaugliche Ansätze zum Beispiel die Gemeinwohlökonomie oder die B-Corp Bewegung, welche die Zukunftstauglichkeit eines Unternehmens messbar machen. 

Und es braucht auch jede und jeden Einzelnen von uns mit ihrem und seinem ganz persönlichen Beitrag.

Für 2021 wünsche ich uns allen, die richtigen Fragen zu stellen und die Weisheit zum richtigen Zeitpunkt achtsam zu gebrauchen und auch zu handeln und zu entscheiden.

Ich wünsche uns und allen Menschen auf dieser Welt Gesundheit, Weisheit und Zuversicht.

Clean Money Revolution

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Das Buch The Clean Money Revolution von Joel Solomon begleitete mich durch die Herbstferien. Einige der Gedanken, die nun folgen, sind von diesem Buch inspiriert, andere beruhen auf meinen eigenen Auffassungen und Erfahrungen, die sich mit dem, was mir das Buch gerade an gelebter und erzählter Weisheit schenkt, sehr gut ergänzen. 

Sauberes Wasser, saubere Luft, sauberer Boden und sauberes Essen sind die Grundlagen eines gesunden Lebens. Den Begriff sauberes Geld habe ich bisher in meinen Blogbeiträgen nicht verwendet, aber er umschreibt recht gut, worum es mir im Kontext der verantwortungsvollen Geldflüsse geht.

Viele der aktuellen Missstände in unserer Gesellschaft finden ihren Ursprung in der Welt der Finanzen. Viel zu lange haben wir alle uns zu wenig Gedanken darüber gemacht, was unsere ganz persönlichen Geldentscheidungen zu der Welt, in der wir leben, beitragen.

Wir leben mit Entscheidungen von grossen Konzernen, Politikern und anderen Menschen an der Macht, welche aus ganz persönlichem Interesse das Geld über die Interessen von Menschen und Natur stellen. 

Hier sei angefügt, die Welt ist nicht «schwarz weiss» bzw. «gut gegen böse». Nur den Konzernen und Machtmenschen die Schuld an unserer aktuellen Situation zu geben, wäre nicht angemessen. Es ist ein an allen Ecken und Enden verbundenes System, welches sich über Jahrhunderte hinweg entwickelt hat. Zwischen den Guten und den Bösen kann man darin nicht mehr so einfach unterscheiden. Die Konzerne schaffen Arbeitplätze und manch ein Produkt der sogenannten Bösen bereichert und erleichtert unser Leben. Wenn wir beginnen, die Rolle all dieser Wirtschaftsbereiche neu zu überdenken, müssen wir dabei auch jeweils die Folgen mitberücksichtigen. Und doch, nur weil es komplex ist, heisst es nicht, dass wir es nicht versuchen sollten.

Unsere ganz persönlichen Geldentscheidungen spielen eine entscheidende Rolle in diesem System. Wenn wir es richtig anpacken, werden unsere Geldentscheidungen ganz automatisch dazu führen, dass sich unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft in eine positive Richtung entwickeln. Wenn unser eigenes Geld nur noch in sogenannte saubere Kanäle fliesst, werden automatisch die nicht so sauberen Kanäle austrocknen. Menschen werden beginnen, die Kanäle zu reinigen. An einigen Stellen findet sies bereits jetzt schon statt. Ein Beispiel ist die Textilindustrie, in welcher das Verschmutzen von Flüssen und das Ausbeuten von Menschen schon jetzt nicht mehr akzeptabel ist. Ein Unternehmen nach dem anderen beginnt, neue Wege zu suchen. Wir können ganz konkret und persönlich entscheiden, wo wir unsere Kleidung kaufen. Dies hat Einfluss auf die Wirtschaft und das, was uns Unternehmen zum Kauf anbieten. Was nicht gekauft wird, wird schon bald nicht mehr produziert werden und vom Markt verschwinden.

Mit den Massnahmen, die wir gerade im Aussen durch Corona erfahren, werden wir selber immer wieder vor die Frage gestellt: Was ist genug?

Ich habe gelesen, dass der Durchschnittshaushalt in diesem Jahr mehr Geld spart, als in anderen Jahren. Und dies obwohl die Ausgaben für gesunde, verantwortungsvolle Nahrungsmittel und die Versorgung im lokalen Umfeld gestiegen sind. 


Es gibt bestimmt Menschen, die gerade auf etwas Liebgewonnenes verzichten müssen und dies sehr schmerzhaft spüren. So wie ich es erlebe, sind dies zumeist Dinge, die nicht mit Geld zu bezahlen sind: Kein Besuch bei der Freundin, welche im Nachbarland lebt, oder keine Erholungszeit in der Natur. 

Was macht also genau „sauberes Geld» und was machen «saubere Geldentscheidungen“ aus? 

Für Joel Solomon, den Autor von Clean Money Revolution, welcher aus einem wohlhabenden Unternehmerumfeld kommt, geht es vor allem darum, mit dem Geld, welches er besitzt, saubere Kanäle zu öffnen und zu unterstützen. Er investiert konsequent in verantwortungsvolle Unternehmen und bewirkt damit eine Veränderung zum Positiven.

Auch ohne direkt Geld zu investieren können wir Geldflüsse beeinflussen. Wir entscheiden, wo wir was kaufen und wir entscheiden auch, was für einem Beruf wir nachgehen und für welche Firma wir arbeiten. In der Generation, welche gerade in die Berufswelt eintritt, ist ein sehr grosser Teil der Menschen nicht mehr bereit für eine Firma zu arbeiten, deren Werte sie nicht teilt.

Dies bedeutet zwar, dass sich das Problem, welches wir gerade haben, wahrscheinlich in spätestens zwei Generationen von selber lösen wird. Ich glaube jedoch nicht, dass wir soviel Zeit haben und vor allen Dingen befreit es uns, die wir schon seit einigen Jahren oder auch Jahrzehnten in der Arbeits- und Konsumwelt aktiv sind, nicht von der Verantwortung. Diese Verantwortung ist individuell, daher muss jede Person hier ihren eigenen Weg finden. Wobei, so zu tun, als hätten wir keine Verantwortung, ist dabei keine Option!

Es kann herausfordernd sein, wirklich verantwortungsvolle Geldentscheidungen zu treffen. Und an machen Stellen werden wir abwägen müssen. Klimaschutz zu Lasten sozialer Gerechtigkeit ist zum Beispiel eines dieser Entscheidungsfelder, wo wir ganz achtsam schauen müssen, was wir mit unseren Entscheidungen bewirken. Dies bedeutet nicht, darauf zu verzichten, mit allen Mitteln sicherzustellen, dass wir die menschenverursachten Umweltschädigunen stoppen. Diese Massnahmen und zusätzlich noch etwas, was ich als weises Handeln und Entscheiden bezeichnen würde, sind notwendig.

Ich stelle die These auf, dass ohne das Erlernen und Anwenden der Kompetenz Weisheit, vieles was wir gerade versuchen, um die bessere Welt zu gestalten, nicht so funktionieren wird, wie wir es uns wünschen.

Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und füge der Weisheit noch die Liebe und den Frieden hinzu. Wenn ich einen Punkt angeben müsste, welcher mich an dem durchwegs inspirierenden Buch „Clean Money Revolution“ stört, so ist es das Wort Revolution, welches ich instinktiv mit Aufruhr, Kampf und Leid verbinde. Mir ist das Wort Evolution lieber, es wird übrigens im Buch auch häufig mit der Revolution in einem Satz verwendet.

Wenn wir in Wut, Kampf oder sogar im Krieg versuchen, die Welt, die wir für die bessere halten, durchzusetzen, so werden wir Leid und Verlierer produzieren. Rein intuitiv kann dies nicht der richtige Weg sein, wenn es stimmt, und daran glaube ich fest, dass auf dieser Welt für alle genug vorhanden ist, die Grundbedürfnisse aller Menschen zu erfüllen, sodass es kein Verlieren und kein Leiden geben muss.

Deswegen möchte ich neben die Liebe und den Frieden die Weisheit stellen. Nur diese drei Eigenschaften in Kombination können zu einer verantwortungsvollen und lebenswerten Welt führen.

Es bleibt die Frage, warum wir nicht längst auf diesem Wege sind und hier komm ich nun wieder zurück zum Clean Money und der zu Beginn genannten Aussage, dass viele der aktuellen Missstände in unserer Gesellschaft ihren Ursprung in der Welt der Finanzen finden. Um des lieben Geldes wegen tun wir Dinge, die uns zwar nützen, aber der Gesellschaft und der Umwelt schaden. Und an manchen Stellen sind wir uns auch gar nicht bewusst, wie sehr wir durch unsere Bedürfnisse zum Schaden beitragen. Ein Beispiel sind unsere Pensionskassen, die ihr Bestes tun, um dafür zu sorgen, dass es uns auch im Alter finanziell gut geht. Dies tun viele Pensionskassen leider, indem sie in Beteiligungen und Aktien investieren, die der Natur und auch Menschen Schaden zufügen. Hier befindet sich ein grosser Hebel, um anzusetzen. Ein grosses Umdenken und auch ein neues Handeln sind erforderlich. Denn letzten Endes sind es doch unser aller Ersparnisse und unser aller verdientes Geld, und die sind es wert, verantwortungsvoll und respektvoll behandelt und genutzt zu werden. Die Möglichkeiten sind längst da, auf allen Ebenen. Weise Geldentscheidungen können uns helfen, die Welt zu gestalten, die wir uns wünschen.

Was das konkret bedeutet, möchte ich in den kommenden Monaten weiter herausfinden und dann natürlich auch soweit es mir möglich ist, in die Praxis umsetzen.

Im Fluss der Worte und Gedanken

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Beim Schreiben kann ich mich verlieren. So wie ich mich im Gespräch mit Freunden am Feuer oder beim Tee und auch beim gemeinsamen Kochen regelmässig in den unterschiedlichen Themensträngen und Situationen verliere. Wir folgen gemeinsam in unseren Gesprächen diesem Gedanken, jenem Impuls oder einem Gefühl und landen an ganz anderen Stellen, als wir zu Anfang erwartet haben.

Im Gespräch weben wir einen gemeinsamen Teppich aus Gedanken und Gefühlen. Wir gehen miteinander in Beziehung. Wir zeigen uns. Wir tauschen uns aus. Wir lernen uns kennen. Wir lernen. voneinander und miteinander.

Schreiben ist für mich etwas, um die Zeit zwischen den Gesprächen und Begegnungen zu überbrücken. Ich versuche meine Gedanken und Gefühle in einem Text zu erfassen, um jenen, mit denen ich gemeinsam auf dieser Reise des Lernens, des Lebens bin, mit Worten mitzuteilen, was mich bewegt. Das ist schwierig. Zum einen droht beim Schreiben ständig die Gefahr, missverstanden zu werden. Zum anderen besteht Kommunikation nicht nur aus Worten. Es gehört so viel mehr dazu. 

In meinem Schreiben schwingt immer der Wunsch mit, dass auch der Faden meiner Worte, die Fäden der damit verknüpften Gedanken, an irgendeiner anderen Stelle weiterverwoben werden. Ich muss gar nicht wissen, wie und wo. Was nützt es mir zu wissen, was da gerade an einem anderen Platz auf der Welt mit meinen Impulsen geschieht? Sie dürfen sich weiterentwickeln, vielleicht müssen sie dies sogar. Vielleicht ist das Weiterentwickeln durch andere der eigentliche Sinn und Zweck davon, Gedanken in Worten festzuhalten. Denn ich habe ja mit meinen Gedanken, Gefühlen und Beobachtungen nur ein ganz kleines Puzzlestück der Wahrheit in meiner Hand. Wer weiss schon, wo genau dieses Puzzlestück hingehört, an welcher Stelle es hilft, ein Bild entstehen zu lassen, etwas sichtbar werden zu lassen, miteinander in Beziehung zu gehen. 

Mit dem Schreiben gebe ich meine Wahrnehmung der Wahrheit in die Welt. Wenn wir alle unsere Sichtweisen, unsere individuellen Wahrheiten miteinander verknüpfen, entsteht Weisheit. So stelle ich mir das auf jeden Fall vor. Weisheit ist etwas, was nicht alleine entsteht. Keine einzelne Person kann, ohne in Resonanz mit anderen Menschen und auch der Natur zu sein, Weisheit kreieren. Weisheit ist ein Produkt zwischenmenschlicher Resonanz. Sie entsteht im Austausch miteinander. Vielleicht ist es sogar so, dass Weisheit etwas ist, dass wir nur in Beziehung mit anderen aushandeln können. 

Wie gesagt, beim Schreiben kann ich mich verlieren. Und doch ist es kein wirkliches Verlieren. Ich biege ab, folge einem Nebenpfad. Ich erforsche einen neuen Weg, den ich noch nicht kenne und irgendwann kehre ich wieder zurück auf den Hauptweg. Unterwegs habe ich neue Sichtweisen, neuen Gedanken und neue Welten entdeckt.

So stelle ich mir gutes Lernen vor. So stelle ich mir das Entstehen von Weisheit vor. Weisheit, welche in der aktuellen Zeit so wichtig ist, um die Welt achtsam und verantwortungsvoll zu gestalten.

Lernen bedeutet für mich, immer wieder die Nebenwege, neue Wege zu erforschen, zu erfühlen, um dann doch immer wieder auf den Pfad zurückzukommen, welcher zum Ziel führt, das ich mir irgendwann einmal bewusst oder unbewusst für dieses Leben gesetzt habe. Ein Ziel, welches wir alle auf ganz unterschiedliche Art und Weise anstreben: Ein gutes Leben zu führen. Nur was genau ist gutes Leben?

Viele Erwachsene haben das Gefühl, dass das Lernen beendet ist, wenn sie ihren Abschluss in der Tasche haben. Viele begeben sich in einen Job und denken, nun sind sie fertig mit Lernen. Dabei sollte unser Lernen doch lebenslang andauern und nicht mit dem Ende irgendeiner Schule aufhören.

Im Leben geht es ums Erfahren und ums Lernen. Ich selber habe verschiedene Ausbildungen absolviert und diverse Hochschulabschlüsse erworben. Ich habe Jobs angenommen und war der Meinung: Jetzt kann und weiss ich alles. Ich dachte, ich bin auf dem richtigen Weg, weiss ich aber, dass dies Nebenwege waren, die mir ermöglichten, Wissen und Erfahrung zu sammeln. Der eigentliche Unterricht geschieht im Alltag, das eigentliche Lernen ist niemals zu Ende.

In den sozialen Medien sind Memes, eine Kombination von Bild und Text, sehr verbreitet. Manche verwenden Sprüche, die ich schon früher in Ausbildungen gelernt und vor langer Zeit in Büchern gelesen habe. Auf einen dieser Sprüche bin ich gerade heute wieder gestossen. Woher er genau kommt und was die Quelle ist, weiss ich nicht. Mich berührt er, wann immer er mir über den Weg läuft. Dieser Spruch lautet so:

Bedeutendes spirituelles Wachstum findet nicht statt, wenn du am Meditieren oder auf deiner Yogamatte bist. Es findet statt, wenn du dich in der Mitte eines Konfliktes wiederfindest. Es findet in dem Moment statt, wo du wütend, ängstlich, traurig oder frustriert bist, in deine alten Muster fällst und das tust, was du schon immer getan hat. 
In dem Moment, in dem du realisierst, dass du nicht genau so handeln musst, wie du immer gehandelt hast, in dem Moment in dem dir auffällt, dass du auch anders handeln kannst, als du es bis jetzt getan hast, in dem Moment tritt das Wachstum ein.

Manche nennen diese Momente Erleuchtung. Ich beschreibe es für mich so, dass ich in diesem Moment einfach von einem Nebenpfad wieder zurück auf meinen Weg komme und durch mein Lernen, meine vermeintlichen Umwege, nun zusätzliche Handlungsweisen gelernt habe und anwenden kann.

Das Umfeld, in welches wir hineingeboren wurden, bestimmt die Vorstellung vom guten Leben. Für sehr viele, und dies vergessen wir immer wieder, ist das Ziel einfach nur etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf zu haben, den Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen, sicher zu sein. Andere treibt die Vorstellung vom Bewahren oder auch Erweitern des eigenen Besitzes an. Und für manche ist es der Kampf für Klima und Umwelt, für den es sich einzusetzen lohnt. Jede und jeder von uns hat ein kleines Puzzlestück der grossen Wahrheit. Jede und jeder von uns hat hierzu eine eigene Sichtweise.

Was wäre, wenn wir uns alle bewusst wären, dass niemand die Wahrheit alleine besitzt und wir uns auf die Suche und auf den Weg begeben müssen, um diese Wahrheiten zu einer Weisheit zusammenzufügen?

Vielleicht würden wir eine neue Form von Schule und Unterricht erfinden. Eine Form, in der wir unser tägliches Leben als die Lektionen ansehen können. Eine Form, in welcher wir gleichzeitig Lernende und Lehrende sind.

Das ist zu kompliziert, das wird nicht funktionieren, sagen mir viele. Es ist vielleicht komplex, aber nicht wirklich kompliziert. Die Herausforderung liegt darin, dass wir bewusst unsere Zeit damit verbringen, das Leben zu erfahren und zu begreifen, das Leben zu erspüren und zu erfassen. Wir müssen uns dazu entscheiden, miteinander zu lernen und zu forschen.

Wie eingangs gesagt, beim Schreiben verliere ich mich manchmal. 

Heute habe ich mich in meinen Gedanken zu einem Leben als Schule verloren. In dieser Schule gibt es Raum für Kunst und gemeinsames Musizieren, es gibt Fächer zur Alltagsgestaltung und gesunden Lebensführung. Es gibt all das, was wir gerade brauchen, um das im letzten Blogbeitrag erwähnte «neue Normal» zu gestalten und zu erfassen. Wie diese Fächer alle heissen? Keine Ahnung, denn ich kenne das neue Normal noch nicht und weiss deshalb auch nicht, welche Fächer es wirklich dazu braucht. Jeder und jede von uns kann ihr eigenes Wissen und die eigenen Gedanken und Gefühle und auch sein Nichtwissen in diese Form des Lernens einbringen.

Im Fach «gesunde Wirtschaft» würde ich wohl mit den Themenschwerpunkten «Heilsame Beziehungen zum Geld» und «Suffizienz als Lebenskunst» starten, einfach weil ich hier wahrscheinlich viel Wissen als Lehrerin einbringen kann, aber auch viel Nichtwissen als Schülerin habe. Ebenfalls spielt mit, dass mich diese beiden Themen einfach interessieren.

Mein Impuls ist, diesen doch etwas anderen Blogpost zu teilen und wer weiss, vielleicht gibt es ja noch andere, die gemeinsam an dieser Schule, die Elemente der Begegnung, mit Elementen der virtuellen Unterrichtswelt verknüpfen soll, mitzuweben.

Im nächsten Beitrag werde ich mich ausführlicher mit dem Thema «Suffizienz als Lebenskunst» beschäftigen und ich bin selber gespannt, wohin mich dieses Thema führen wird. Den Faden «Das Leben als Schule» lasse ich für den Moment los, und nehme ihn wieder auf, wenn er auf irgendeinem Wege zu mir zurückkommt.

Was genau ist denn bitte nun normal?

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Ich sitze in Quinten auf der Terrasse und beobachte die Natur um mich herum. Heute Nacht hat es endlich geregnet und die Bäume und Sträucher nutzen dies, um in einen Wachstumsschub zu gehen. Die Feigen sind schon fast baumnussgross und an den Reben spriessen bereits die Blütenstände. 

„Das ist doch nicht normal!“ denke ich, „Das ist doch viel zu früh!“ und „Hoffentlich kommt nicht noch Frost!“ sind die weiteren Gedanken, die in mein Bewusstsein treten.

Als nächstes nimmt sich die Frage, die ich mir selber und vielen anderen gerade immer wieder stelle, laut und unübersehbar ihren Raum:

Was genau ist denn bitte nun normal?


Wie im letzten Blogbeitrag versprochen, verwebe ich die Fäden von Nichtwissen und Suffizienz in den kommenden Wochen in meine Beiträge. Manchmal werden diese dem Beitrag eine deutliche Färbung geben, manchmal werden sie als leise Musik im Hintergrund einen Klangteppich legen.

Ich habe in der NZZ vom 19. April 2020 ein Interview mit der Virologin Karin Mölling gelesen. Die Überschrift dieses Artikels lautet:

«Woher wissen denn allein Virologen, was richtig ist? Wir wissen vieles nicht. Leider»

Es entspannt mich sehr, das Nichtwissen überall um mich herum zu erleben. Dies scheint ein Widerspruch in sich zu sein. Nichtwissen und Entspannung – ist dies überhaupt miteinander vereinbar?

Wollen wir nicht eigentlich alles wissen? Wollen wir nicht immer alles verstehen und anschliessend auch noch vollständig kontrollieren? Wer denkt nicht selber oft: „Ich muss dies oder jenes unbedingt verstehen, sonst bin ich nicht handlungsfähig“. 

Die letzten Wochen haben mich gelehrt, wie entspannend das Nichtwissen ist, wenn es benannt ist und wenn ich es als eine Art Naturgesetz für mein Leben akzeptiere. Mir wird immer deutlicher, ich kann nur Wahrscheinlichkeiten abschätzen und Hypothesen aufstellen, für all das, was in meinem Leben und in der Welt in Zukunft passieren wird. Ein definitives Wissen habe ich nur über die Dinge, die in meiner Vergangenheit passiert sind. Aber auch hier gilt, dass wir unseren Erinnerungen nicht immer glauben schenken können. 

Ein wichtiger Aspekt dessen, was von nun an für mich normal sein wird, ist, dass ich in vielen Bereichen meines Lebens den Faktor Nichtwissen mitberücksichtigen muss, wenn ich die Zusammenhänge wirklich verstehen möchte.

Um beim Eingangsbeispiel des Feigenbaumes und des Weins zu bleiben, auch wenn es mir so vorkommt, in Wirklichheit und Wahrheit habe ich keine Ahnung, ob sie nun zu früh in Blatt und Blüte stehen. Sie haben einfach auf das reagiert, was die äusseren Bedingungen ihnen anbieten. Im Herbst wissen wir mehr.

Auch die Philosophie, welche hinter dem Begriff Suffizienz und hinter der Suffizienzpolitik steht, scheint mir sehr hilfreich zu sein, um eine ganz eigene „neue Normalität“ zu finden und zu erforschen. Die Fragen „Was ist genug?“ und „Was sind meine Grundbedürfnisse?“ sind dazu zwei wunderbare Leitplanken.

Übrigens, der im letzten Blogbeitrag erwähnte Satz auf den Anzeigen der SBB Tafeln hat inzwischen einen neuen Wortlaut. Neu lautet der Text nun: «Der Verkehr wurde auf ein Grundangebot reduziert“. Vorher lautete der Text: „Der Verkehr wird schrittweise auf ein Grundangebot reduziert “. In diesem Bereich kann jede und jeder in der Schweiz gerade prüfen, wie gut er und sie mit dem, was die SBB als Grundbedarf definiert hat, leben kann.

Für mich bedeutet diese aktuelle Anpassung auf meinen zwei wichtigsten Strecken ganz Unterschiedliches. Auf der einen Strecke wird mir ein 30-minütiger Spaziergang durch den Wald ermöglicht, denn die Haltestelle, welche ich bisher benutzt haben, gilt als touristische Erschliessung und wird derzeit nicht bedient.

Für die zweite Strecke muss ich nun unterwegs 30 Minuten Zwischenaufenthalt einkalkulieren, da der bisherige Anschlusszug nun sehr knapp, laut Fahrplan gar nicht erreichbar ist.

Im Austausch dafür kann ich in angenehm leeren Zügen reisen und habe überraschenderweise wieder mehr Kontakt und Gespräche mit Mitreisenden – natürlich unter Wahrung des notwendigen Abstandes.

Und was verliere ich? Manch einer oder eine würde nun sagen, dass ich 30 Minuten verliere. 

Bei der ersten Strecke ist dies mit Sicherheit nicht der Fall, denn der Weg nach Hause durch den Wald ist derzeit bei diesem Wetter und in dieser Jahreszeit ein Gewinn, ein Geschenk. Und wenn es dann irgendwann wieder regnet oder gar stürmt? Wer weiss, ob dann der Fahrplan immer noch der gleiche ist. Die SBB schreibt auf ihrer Webseite: „Nach der Ankündigung des Bundesrates zur Lockerung der Corona-Massnahmen wird ab dem 27. April auch der Bahnbetrieb schrittweise zurück zum regulären Fahrplan geführt.“ Also geniesse ich es, solange es anders nicht möglich ist, um dann in ferner Zukunft nur noch bei wirklich schlechtem Wetter oder Dunkelheit bis zur wohnungsnahen Station weiter zu fahren, denn wer hindert mich daran, die lieb gewonnene Angewohnheit eines 30-minütigen Spaziergangs auch nach Wiedereinführung des regulären Fahrplans beizubehalten? Das einzige, was mich stoppen könnte, wäre meine ganz persönliche Bequemlichkeit oder dann meine Unachtsamkeit, wenn ich es verpasse, eine Haltestelle vor der Endstation auszusteigen.

Zumindest bei der zweiten Strecke stimmt es auf den ersten Blick, dass ich Zeit verliere. Nun ja, ich brauche eine halbe Stunde länger, aber die Zeit ist ja nicht verloren.

Es ist ein offenes Geheimnis: Zeit können wir gar nicht verlieren.  Wir haben an jedem Tag gleichviel Zeit: 24 Stunden = 1‘440 Minuten = 86‘400 Sekunden. Diese 86‘400 Sekunden sind während unseres gesamten Lebens täglich aufs Neue da. Ein Verlieren ist nicht möglich. 

Das, was passieren kann und auch sehr regelmässig passiert, ist, dass wir Zeit mit etwas verbringen, was wir in dem Moment gar nicht tun sollten oder wollten. Wir lassen uns ablenken, wir tun etwas, wozu wir eigentlich gar keine Lust haben. Dafür können wir niemand anderem die Schuld geben. Es ist unsere ureigene Entscheidung, was wir in jeder einzelnen Sekunde tun. Niemand zwingt uns zu irgendwas. Wir selber entscheiden. Es gehören zu jedem Tag auch Dinge, die wir vielleicht nicht so gerne tun. Diese Dinge kennt jeder und jede von uns. Und doch entscheiden wir uns aus den unterschiedlichsten Gründen sie zu tun.

Zum Beispiel entscheiden wir uns, die Zimmer zu putzen oder den Müll hinauszubringen, weil wir gerne in einer sauberen Wohnung wohnen. Wir gehen ins Büro, in die Werkstatt oder ins Atelier, weil wir uns dazu entschieden haben, eine bestimmte Tätigkeit zu verrichten. In all diesen Fällen könnten wir uns auch anders entscheiden. Wir müssen einfach nur mit den Konsequenzen der Entscheidungen leben, unseren Lebensstil anpassen oder unsere Lebensträume hinterfragen. Dies ist zugegebenermassen nicht immer ganz einfach, und doch ist es möglich und auch machbar.

Nun, da ich weiss, dass ich eine halbe Stunde Zeit auf einem Bahnhof mitten im Nirgendwo einplanen muss, darf ich mir die Frage stellen: „Wie möchte ich diese Zeit verbringen?“ Denn diese Zeit ist nicht verloren, sondern sie möchte gestaltet werden. Meine Kreativität ist gefragt. Manchmal nutzte ich diese gewonnene halbe Stunde zum Lesen, manchmal nutze ich die Zeit, um Ideen für meinen Blog zu entwickeln und manchmal beobachte ich einfach, wie der Fluss fliesst.

In diesem Zusammenhang noch zwei Dinge:  Zum einen rechne ich selber für mich nicht in Sekunden und wenn ich meinen Tag frei gestalten kann, rechne ich noch nicht einmal in Stunden. Ich folge dem Fluss der Dinge, die ich tun mag und die gerade zu tun sind. Und irgendwie sind am Abend in der Regel all die wirklich wichtigen Dinge erledigt. Da gerade im Aussen so viele Dinge wegfallen, mit welchen ich mich noch vor einiger Zeit beschäftigt habe, geschieht dies noch viel häufiger als sonst. Dies ist ein weiteres wunderbares Geschenk.

Und zum anderen, und auch hier verrate ich kein Geheimnis: Zeit können wir nicht aufsparen. Alles, was auf meinem persönlichen Zeitkonto für heute zur Verfügung steht, kann ich nur heute abbuchen.

Wenn ich mir etwas für unsere neue Normalität wünschen darf, ist es, dass wir uns des Geschenks der Zeit bewusstwerden, und uns deren Vergänglichkeit bewusst vor Augen führen.

Was wäre, wenn wir alle den Zeitpunkt unseres Todes kennen würden? Der belgische Film «Das brandneue Testament» aus dem Jahr 2015 nimmt diese Idee auf. Vor ein paar Tagen habe ich ihn mal wieder angeschaut. Eine spannendes Gedankenexperiment, welches uns auf nachdenklich-komische Weise mit unserer Endlichkeit konfrontiert. Welche der Dinge, die uns noch zu Beginn dieses Jahres als normal erschienen, würden wir weitermachen? Welche sofort beenden?

Die letzten Wochen haben vielen von uns deutlich gemacht, dass ein entschleunigter Lebensstil Raum zum Nachdenken lässt, darüber was wir wirklich brauchen und was der Natur und unserer Umwelt guttut. 

Wir haben die Freiheit, aus den vergangenen Wochen zu lernen. Das Lernen wird für jede und jeden von uns ein unterschiedliches sein. Und das ist auch wichtig und gut. Das einzige, was uns vom Lernen abhalten kann, sind wir selber.

Damit bin ich nun wieder am Anfang des Blogeintrags angekommen. Ich bin zurück zu der Frage: 

Was genau ist denn bitte nun normal?


Normal ist wohl jedes Mal etwas anderes. Es ist das, was am besten zur Situation passt, in welcher ich mich gerade befinde. Die Natur macht es vor. Die äusseren Umstände, insbesondere die aktuelle Wärme lässt sie früher ins Wachstum gehen, als ich es vermutet hätte. Ob dies richtig oder falsch war, wissen wir noch nicht. Erst wenn wir im Jahreskreis weiter sind, werden wir wissen, ob es nochmals kalt geworden ist, ob die zarten Sprossen den Frühling, in dem wir uns jetzt gerade befinden, überstanden haben. 


«Erst wenn wir im Jahreskreis weiter sind, werden wir wissen…», dieser Satz lässt sich auch auf die Veränderungen durch die Coronakrise anwenden: Ob die positiven Auswirkungen auf Natur und Klima und zum Teil auch auf unseren Lebensstil sich weiter festigen lassen, werden wir erst mit einem gewissen Abstand feststellen.

Im Gegensatz zu den Abläufen in der Natur haben wir hier aber die Möglichkeit, den Lauf der Dinge zu beeinflussen und eine neue, lebenswerte und verantwortungsvolle Normalität zu erschaffen.

Ich weiss, dass ich nicht weiss…

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… Dieses Zitat findet sich bei Platon und wird Sokrates zugeschrieben.

Ganz kurz und subjektiv zusammengefasst geht es für mich in diesem Zitat darum, zu erkennen, dass vieles von unserem vermeintlichen Wissen Scheinwissen ist.

Wir glauben zu wissen und doch kennen wir häufig nur einen Teil der Fakten, ein Puzzlestück, einen Ausschnitt, herausgerissen aus dem Gesamtkontext. Und daraus bildet sich dann unser Scheinwissen. Haben wir dieses für uns erkannt, ist der erste Schritt getan und wir können uns bewusst damit beschäftigen, dass wir nicht wissen. Dieses Beschäftigen mit dem Nichtwissen und vor allen Dingen das Frieden schliessen mit dem Nichtwissen ist es, was uns erlaubt zur Ruhe zu kommen. Dazu braucht es die Erkenntnis, dass Nichtwissen nicht mit Handlungsunfähigkeit gleichzusetzen ist – im Gegenteil. Das Nichtwissen befähigt uns aus meiner Sicht erst dazu, weise zu handeln. Im Nichtwissen gestehen wir ein, dass wir die Lösung für ein Problem nicht kennen und bauen auf unsere Erfahrungen und Fähigkeiten, um eine neue Lösung zu entwickeln, weil alle Versuche, einfach die alten Lösungen über das Problem zu stülpen, gescheitert sind.

Damit bin ich wieder bei meiner Hauptabsicht, bei dem Hauptgrund, warum ich faste. Ich faste um meinen körperlichen Funktionen, meinen Gedanken und Handlungen einen Neustart zu ermöglichen. Nach dem Fasten kann ich Gewohnheiten überprüfen und ändern, die sich vorher unbewusst eingespielt haben.

Eine Woche ist es bereits her, seitdem ich das Fasten gebrochen habe und wieder Nahrung zu mir nehme. Seit meinem Geburtstag habe ich keinen Blogbeitrag mehr begonnen und das aus ganz unterschiedlichen Gründen. 

Zum einen haben mich verständlicher Weise die Massnahmen des Bundesrates vom 20. März beruflich sehr beschäftigt, zum anderen brauchte ich auch meine eigene Zeit, mich dieser neuen Situation anzunähern, meinen eigenen Rhythmus und meinen eigenen Platz in dieser Situation zu finden. Mein Ziel war und ist es, die guten Impulse des Fastens und all mein Lernen in dieser Zeit mitzunehmen und anzuwenden – in dieser Zeit, die gerade neu beginnt, weil die alte so plötzlich geendet hat.

Zum dritten werden derzeit so viele Worte zur Coronakrise gesagt und geschrieben, so viele Wahrheiten und Fakten verbreitet, dass ich nicht das Bedürfnis hatte, auch noch dazu beizutragen.


Ich weiss, dass ich nicht weiss…

Ich habe keine Ahnung, ob die getroffenen Massnahmen die richtigen sind, ob die Zahlen stimmen. Ich kann nicht beurteilen, welche medizinische Aussage zum Krisenverlauf der Wahrheit am nächsten kommt.

Ich weiss, wie es sich anfühlt, kranke Menschen zu begleiten, die mir und meinen Herzen sehr nahe sind. Ich weiss, was es heisst, sich von Menschen zu verabschieden, die gefühlt viel zu früh sterben. Am letzten Sonntag ist jemand aus meinem Umfeld im Alter von 53 Jahren gestorben, nicht am Coronavirus und auch nicht völlig unerwartet, aber viel zu früh. Diese Person wird eine Lücke hinterlassen. Diese Person wird vielen Menschen fehlen. 

Ich weiss also, welche Schmerzen für mich mit dem Tod von Menschen, mit dem Akzeptieren von Situationen, die ich nicht ändern kann, verbunden sind.

Mein Mitgefühl ist mit all jenen Menschen, die auf die unterschiedlichste Weise von der Coronakrise durch Krankheit, Tod, Jobverlust, Unsicherheit oder anderen Ängsten betroffen sind. Jeder und jede von uns wird jetzt auf ganz unterschiedliche Weise mit den eigenen Ängsten und Sorgen konfrontiert.

Unbewusst ist uns allen bereits jetzt klar, ein Zurück zum Normalzustand wird es nicht geben. Denn der Normalzustand, war gar keiner. 

Es war ein Autopilot, der uns erst hierhin gebracht hat. Immer mehr Konsum, immer mehr Stress, massloses Leben und Handeln hat unseren Alltag bestimmt. Wir nehmen chemisch bearbeitete und industriell verarbeitete Nahrung zu uns, die nicht mehr nährt und erschaffen uns damit ein Immunsystem, welches uns nicht mehr schützt und sich mit Anfälligkeiten für Krankheiten oder auch durch Autoimmunkrankheiten bemerkbar macht. Es gibt wahrscheinlich nicht die eine Ursache für die Krise, in der wir vor der Coronakrise bereits gesteckt haben, es ist ein Cocktail an Ursachen, welcher dazu geführt hat.

Wir haben nun als Gesellschaft die grosse Chance, ein neues «Normal» zu definieren, eines welches die Würde von Mensch, Natur und Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt ( siehe meinen letzten Beitrag «Was hat Würde mit Fasten zu tun» ).

Meine kommenden Beiträge werden von diesen Chancen handeln. Und vor allen Dingen werden sie vom Nichtwissen handeln und davon, dass das Nichtwissen uns zur notwendigen Weisheit führen wird, aus dieser Krise zu lernen.

Dieser Artikel ist ein Beitrag im Kontext unserer Fastenwoche 2020

Wenn Geldflüsse unterbrochen werden: Führt der Coronavirus zu unfreiwilligem Geldfasten?

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Natürlich beschäftigt auch mich im Augenblick der Coronavirus. Spannend, dass dies Ereignis zufällig in diese Fastenzeit fällt.

Die Massnahmen, mit welchen man die Entwicklung in den Griff zu bekommen versucht, führen auf ganz unterschiedliche Weise auch dazu, dass auf viele unterschiedliche Dinge verzichtet werden muss. Freiwillig und unfreiwillig.

In der Schweiz wurden so unterschiedliche Dinge wie die Basler Fasnacht und der Genfer Autosalon sowie alle weiteren Grossveranstaltungen mit über 1000 Teilnehmenden bis mindestens 15. März ver- boten. 

Die NZZ sprach Ende Februar in dem Artikel «Coronavirus weltweit, die neusten Entwicklungen» von 2900 Todesopfern weltweit, Tendenz steigend. Insgesamt sind mehr als 80.000 Personen, verteilt auf mehr als 50 Länder, erkrankt. Europa verzeichnet bisher 36 Tote (Stand 2. März 2020), davon 34 in Italien, 2 in Frankreich. Die weitere Entwicklung können wir täglich über die Medien unserer Wahl verfolgen.

Die Lieferketten in der Technologie- und Textilbranche, unsere geliebten Smartphones und die neuesten Modekollektionen, sind in Gefahr, so heisst es. Der Produktionsstopp in China in den letzten Wochen beeinflusst unseren Konsum. Lange können die Maschinen nicht mehr stillstehen. Der Einfluss auf unsere Wirtschaft- und unser Geldsystem wird immer grösser und sichtbarer.

Ich bin keine professionelle Researcherin und mir ist auch bewusst, dass wir im Zeitalter der Fake News leben, aber je mehr ich in das Thema eintauche, desto präsenter wird die Frage, ob in dieser aktuellen Krise die Wirkung von Geldflüssen (durch deren Ausbleiben) gerade sichtbarer wird als sonst. Noch vor einem Moment war der Geldfluss relativ stabil. Nun versiegt er an verschiedenen Orten gleichzeitig bei ganz unterschiedlichen Personen auf unterschiedliche Weise.

Zur Erinnerung:

Die Anzahl der weltweit hungernden Menschen beträgt 822 Millionen Menschen, dies sind 11% der Weltbevölkerung. Diese Zahlen stammen von der Webseite der Welthungerhilfe. Die UNHCR spricht im Sommer 2019 davon, dass zum ersten Mal mehr als 70 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Statistiken und Zahlen finden sich zum Beispiel hier

Auch zu Krieg und Hunger könnten wir tagesaktuell alle Fakten über die unterschiedlichsten Quellen zusammentragen. Wir tun es nicht, vielleicht weil es uns nicht persönlich betrifft.

Jeder Mensch ist wertvoll, jede der drei hier beschriebenen Situationen, Krankheit, Hunger, Flucht, erfordert Mitgefühl, Respekt, Achtsamkeit aber auch unser aktives Hinschauen und angemessenes, zeitnahes Handeln.

Doch warum führt die Furcht vor einer Corona-Epidemie, ähnlich wie die SARS-Pandemie 2002/2003 zu einer Änderung des Kaufverhaltens?

Menschen decken sich mit Schutzmasken und lange haltbaren Lebensmitteln ein, vermeiden Reisen und verbieten Veranstaltungen mit über 1000 Teilnehmenden.  Über die Auswirkungen auf das Kaufverhalten der Schweizer berichtet zum Beispiel die NZZ am 29.02.2020 in einem Artikel.

Wäre es hier angemessen von einer Art Geldfasten zu sprechen, welche von aussen erzwungen wurde? Aber nein, Fasten ist etwas Freiwilliges, also muss Geldfasten auch auf freiwilliger Basis geschehen.

Die Corona-Krise führt zu unerwarteten Umsatzsteigerungen in der Pharmaindustrie. Gesichtsmasken sind ausverkauft, bei den Schmerzmitteln werden die Vorräte knapp. Es wird von Hamsterkäufen berichtet, die durch ausführliche Medienberichterstattung noch weiter gefördert wird. Manche sprechen von bewusster Steuerung der Panik und des Kaufverhaltens. Soweit möchte ich nicht gehen. An dieser Stelle wird definitiv nicht gefastet. Das Kontroll- und Schutzbedürfnis des einzelnen Menschen schlägt durch. 

Die Frage bleibt jedoch: Warum handeln wir als Gesellschaft, Behörde, Unternehmen oder auch einzelne Person gerade jetzt so schnell und hoffentlich auch wirkungsvoll, wenn wir Grossveranstaltungen und Reisetätigkeiten überdenken. Warum tun wir genau dies in anderen Fällen nicht?

Hat es damit zu tun, dass wir für eine Eindämmung des Hungers auf der Welt und für die Lösung der Herausforderungen, welche die Flüchtlingsströme uns aufzeigen unser eigenes Konsum- und Geldverhalten zugunsten anderer ändern müssen, unser persönliches Verhalten überdenken müssen, auf Geld verzichten müssen? Kann es sein, dass wir unser zum Teil hart erarbeitetes Geld nur für uns und unser Wohl nutzen wollen und einfach nicht mehr teilen können?

Es gibt auch Beispiele, die genau das Gegenteil zeigen. The Giving Pledge machen es vor. Sie verpflichten sich, einen Teil ihres Vermögens zurück in den Fluss zu bringen. Es bleibt anzumerken, dass anschliessend weiterhin eine vielleicht unvorstellbar grosse Summe Geld im Besitz dieser Spender verbleibt. Aber zugegeben, sie brechen das Muster des ständigen Geldsammeln und Geldhortens und versuchen ihr Geld sinnvoll zurück in den Kreislauf zu bringen. Geldfasten, im Sinne eines Verzichts Geld für sich selber auszugeben, kann zu Geldfülle an anderer Stelle führen, wenn weise Geldentscheidungen getroffen werden.

Auch bei dieser Art Entscheidung ist es nicht immer leicht, das Richtige zu tun, denn es gibt kein entweder oder kein schwarz oder weiss.

Situationen wie der Coronavirus fordern uns auf, zu lernen und uns vor allen Dingen uns mit unseren eigenen Bedürfnissen und Ängsten zu beschäftigen. Diese Situationen fordern uns auf uns selber zu schützen, ohne die anderen zu vergessen.

Im letzten Blog habe ich mir die Frage gestellt, was ich mit dem Geldbetrag mache, der beim Fasten entsteht, da ich, wie bereits im Blog erwähnt, in dieser Zeit so gut wie nichts ausgebe.

Mir persönlich – und dies ist mein ganz eigener Weg – zeigt die Auseinandersetzung mit dem Coronavirus, dass ich wieder mehr auf die in Vergessenheit geratenen Themen schauen muss, darüber nachdenken muss, wie ich zu weniger Hunger, weniger Flüchtlingsströmen in der Welt beitragen kann.

Auf den Coronavirus bin ich durch mein Alter, meine privilegierte Lebensweise, meinen gesunden Körper und mein bewusstes Reiseverhalten gut vorbereitet – hier gibt es derzeit für mich nichts zu tun, ausser Mitgefühl mit den einzelnen Schicksalen zu zeigen und auch den positiven Seiten Beachtung zu schenken. Denn diese gibt es tatsächlich auch.

Ein Artikel im Spiegel vom 1.März trägt den Titel «Coronavirus führt in China zu Rückgang der Luftverschmutzung». Wenn die Verbesserung der Luft in den betroffenen Städten weiter anhält, ist dies eine wirksame Massnahme für das Klima, ein Zeichen, was hoffentlich von den Verantwortlichen weise interpretiert wird und vielleicht dazu führen könnte, dass wir erkennen, dass weniger Produktion und Konsum mehr Lebensqualität bedeutet.

Dieser Artikel ist ein Beitrag im Kontext unserer Fastenwoche 2020 

Fasten 2020 – Eine Forschungsreise zu den Selbstheilungskräften des Geldes

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Was hat Fasten mit Geld zu tun?

Unsere Fastenwoche nimmt Formen an. Vom 14. – 21. März 2020 werden wir wieder zum gemeinsamen, nachhaltigen Fasten im Alltag einladen. Dieses Jahr verbinden wir damit zwei Orte im Kreis 5 und Kreis 1. Treffpunkte werden die Trittligasse 16 in der Zürcher Altstadt und neu zusätzlich am Mittag das Jenseits, ein Café und Begegnungsort in den Viaduktbögen an der Josefswiese sein. 

 

Am 26. Februar, dem Aschermittwoch, beginnt die vierzigtägige Fastenzeit. Wir werden innerhalb dieser Zeit für eine Woche vollständig auf feste Nahrung verzichten.  Unsere Gedanken zum nachhaltigen Fasten veröffentlichen wir in diesem Blog. In den kommenden Wochen informieren wir in separaten Blogbeiträgen über Details bezüglich Fasten im Alltag und den Verlauf unserer Fastenwoche.

 

Im Gegensatz zum letzten Jahr werden wir über die gesamten 40 Tage der Fastenzeit, also ab Aschermittwoch und nicht nur in unserer Fastenwoche, unsere Blogbeiträge verfassen. Wie auch im letzten Jahr werden wir diejenigen, welche mit uns fasten und auch jene, die uns virtuell begleiten, bitten, durch Kommentare oder eigene Beiträge den Blog zu bereichern.

 

Was hat Fasten mit Geld zu tun? 

Das Thema welches ich mir für den Start ausgesucht habe, ist die Verbindung zwischen Fasten und Geld. Fasten ist für mich der bewusste Verzicht auf Nahrung für eine bestimmte Zeit und die besondere Hinwendung zu den Bedürfnissen meines Körpers und meines Herzens. 

Geld hat viel mit Überfluss und Mangel zu tun – vielleicht ist Geld sogar einer der Gründe für das Ungleichgewicht von Überfluss und Mangel in dieser Welt.

 

Gibt es überhaupt so etwas wie ein Fasten im Geldsystem, und wenn ja, wie könnte das aussehen?

Diesen und anderen Fragen werde ich in den kommenden Wochen weiter nachgehen. Vieles ist bereits gesagt und geschrieben – vom guten Geld, vom schlechten Geld, über die Wirtschaft, die uns die Zukunft nimmt, aber auch über Unternehmen, die uns eine lebenswerte Zukunft ermöglichen wollen.

 

Kann ich dazu noch etwas Zusätzliches beitragen? 

Mein Gefühl ist «Ja», denn sonst würde ich diese Zeilen nicht schreiben. Jedoch weiss ich nicht genau, wohin mich die Suche nach dem Fasten in der Welt des Geldes führen wird. Und dennoch werde ich es versuchen, so wie jede und jeder in dieser herausfordernden Zeit versucht, einen Beitrag zu einer lebenswerten, verantwortungsvollen Zukunft zu leisten. 

Manche Beiträge von Menschen und Unternehmen halte ich persönlich allerdings für fragwürdig, insbesondere wenn sie unnötigen Konsum fördern oder die Natur und damit unsere Lebensgrundlage zerstören. Auch diese Abgründe möchte ich in den kommenden Wochen mit Worten und Gedanken ein wenig ausleuchten, der Hypothese entlang, dass ganz persönliche Geldentscheidungen zu einer Vielzahl von Mensch und Natur schädigenden Aktivitäten beitragen.

 

Was ist Geldfasten für mich?

Mein Leben und Wirken geschieht an der Schnittstelle von Mensch, Natur und Wirtschaft. Ich beschäftige mich auf einer ganz pragmatischen Basis mit dem, was Geld mit uns, mit mir macht. Als Bankerin von ganzem Herzen mag es vielleicht etwas seltsam klingen, dass ich zum Geldfasten aufrufe, denn die Banken scheinen nur davon zu leben, dass Geld im Überfluss vorhanden ist und sich auch noch vermehrt. Ganz so einfach, ist es nicht, ein Grund, diesem Widerspruch in einem späteren Beitrag Raum zu geben.

 

Die Suche nach dem Geldfasten bietet eine Fülle von möglichen Wegen. Heisst Geldfasten nun auf Einnahmen zu verzichten oder Ausgaben zu vermeiden? Braucht es beides? Könnte Geldfasten bedeuten auf Zinsen zu verzichten? Wäre dies ein sinnvoller Anfang?

 

Ich werde die 40 Fastentage nutzen, um eine Bestandsaufnahme meiner Geldflüsse zu tätigen und mich zu fragen, was mich nährt, was einfach nur aus Gewohnheit geschieht und was bloss eine Ersatzhandlung für etwas ist, dass ich mir nicht kaufen kann. Ich werde schauen, wo ich durch meinen Verzicht an einer anderen Stelle Gutes bewegen kann. So wie der Verzicht auf Nahrung für eine beschränkte Zeit meinem Körper, Geist und meiner Seele die Möglichkeit gibt, die natürlichen Selbstheilungsmöglichkeiten wieder herzustellen, so stelle ich mir vor, dass auch das Netzwerk, in dem das Geld zirkuliert, die Möglichkeit zur Selbstheilung besitzt. Aber wo liegt der Nutzen im Verzicht, im achtsamen Umgang mit Geld? Auch darüber möchte ich später in diesem Blog berichten.

 

Was wird das Ergebnis meiner Suche nach den 40 Tagen sein?

Dass ich mehr Geld ausgebe als vorher, aber für andere, nährende Dinge? 

Dass ich nach den 40 Tagen beschliesse weniger Geld einzunehmen, weil ich erkenne, mehr Lebensqualität Zeit haben und nicht Geld verdienen bedeutet?

Werde ich für manche Dinge kein Geld mehr ausgeben, so wie ich nach dem Fasten immer noch monatelang auf übermässigen Zuckerkonsum verzichte?

Ich weiss nicht genau, wohin mich meine Suche führen wird.

 

Das Schöne für mich an der jährlichen Fastenwoche:

Sie ist jedes Mal eine neue Forschungsreise. Im Vorfeld habe ich keine Ahnung, wie mein Körper und mein Gemüt darauf reagieren, wenn ich bewusst auf Nahrung verzichte und mich tief in die Kontemplation über ein Lebensthema begebe.

 

Und ebenso habe ich auch keine Ahnung, was es mit mir macht, dieses Geldthema so intensiv mit in diese 40 Tage zu nehmen. Und darüber hinaus, wie es ist, über die gesamte Zeit regelmässig einen Blogtext zu verfassen.

 

Ich freue mich sehr darauf, herauszufinden, ob und was für Antworten ich auf all diese Fragen finden werde.

Dieser Artikel ist ein Beitrag im Kontext unserer Fastenwoche 2020 

Meine Wünsche für die Schweiz

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Ende des letzten Jahres habe ich von der Redaktorin der Zeitschrift Doppelpunkt die unten stehende Anfrage bekommen. Daraufhin habe ich mich an den Computer gesetzt und hier ist das Ergebnis:

Link zum Artikel

Auf der Suche nach spannenden Menschen, die ich für eine kurze Kolumne anfragen könnte, bin ich auf Sie gestossen. Eine Mystikerin, die sich auch mit Wirtschaft, Politik, Strategien und Führung auskennt, trifft man selten. Gerne frage ich Sie deshalb an, ob Sie für unser erstes Heft des Jahres 2020 eine kurze, persönliche Zukunftsvision schreiben mögen: Wenn Sie für den Fortbestand der Schweiz eine Strategie entwickeln müssten, wie sähe die aus?