Was ist mir meine Geldfreiheit und ein gutes Leben wert?

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Mit dieser Frage habe ich am Samstag meinen Blogeintrag beendet. Und damit mache ich heute weiter.

Wer mich kennt, weiss, dass Geld für mich etwas sehr Schönes ist, aber auch etwas, dass ich, obwohl ich mich täglich damit beschäftige, vielleicht nie wirklich verstehen werde. 

Für diese Blogreihe in der Fastenzeit habe ich einige meiner alten Bücher und Aufzeichnungen wieder hervorgeholt und darin nach Antworten auf meine Fragen gesucht.

Heute Morgen entdeckte ich in einem Brand Eins Magazin aus dem Jahr 2018 den Artikel «Drei-Rubel-Russland» . Darin wird erzählt, welchen unterschiedlich hohen Wert der gleiche Rubel in Moskau und in einem Dorf irgendwo in Russland hat. Und er erzählt davon, wie wenig es die Dorfbewohner tangiert, ob es da draussen in der Welt Wirtschaftskrisen oder Börsencrashs gibt. Geld spielt bei Ihnen eine untergeordnete Rolle, ihr Leben wird durch andere Dinge bestimmt. Nach Moskau fahren sie nur gelegentlich, um für einige Wochen zu arbeiten, um die Mittel zu generieren, die sie brauchen, um bestimmte Sachen zu kaufen.

An vielen Stellen im Magazin wird betont, dass Geld eine Glaubenssache, ein Versprechen ist. Wir müssen daran glauben, dass uns die Beträge, welche unsere Konten ausweisen oder auch das Geld, welches sich in unserem Portemonnaie befindet, an einer anderen Stelle getauscht werden kann. 

Im Editorial der Ausgabe ist zu lesen:  «Was gibt es über Geld schon gross zu sagen? Die einen haben zu viel davon, die anderen zu wenig. Es kann Gutes und Schlechtes bewirken, macht nicht glücklich und steckt hinter den meisten Verbrechen.»

Das stimmt irgendwie, und doch ist scheinbar ja noch so viel mehr dahinter. Viele von uns lassen ihr Leben vom Geld bestimmen. «Ich muss Geld verdienen, um gut zu leben», «Ich muss Geld verdienen, um meine Hypothek abzubezahlen», «Ich muss Geld verdienen, um meine Familie zu versorgen», diese Sätze höre ich immer wieder in Gesprächen und in den meisten Fällen kommt direkt anschliessend die Aussage, dass ihr Job ihnen überhaupt nicht gefällt, dass sie mit ihren Kollegen nicht klar kommen und gar nicht selten macht jemand die Aussage, dass der Job ihn oder sie krank macht.

Irgendwas läuft da falsch, denn viele leben ja gar nicht gut, trotzdem sie gutes Geld verdienen. Sie verdienen zwar Geld, haben schöne Autos, schöne Häuser und all das, was ihnen sonst noch begehrenswert erscheint, aber sie verbringen den Grossteil des Tages mit Menschen, mit denen sie nicht sein wollen und an Orten, die ihnen gar nicht gefallen. Warum nehmen sich diese Menschen nicht die Freiheit, soviel zu arbeiten, wie sie wollen und dies an einem Ort, der ihnen guttut? 

Ein wichtiger Grund ist bestimmt, die Angst, dass sie ihre Existenz, ihre Grundbedürfnisse wie Nahrung, Bildung und Gesundheit nicht abdecken können, falls sie ein anderes Leben starten. Diese Angst mag zum Teil berechtigt sein und hier ist ein ganz klarer Auftrag an unsere Politiker, zeitgemässe Lösungen zu finden. Die Einführung eines bedingungsloses Grundeinkommens könnte ein hilfreicher Schritt sein, um der Geldfreiheit näher zu kommen.

Nochmals zur Klarstellung: Geldfreiheit bedeutet für mich nicht, dass ich ohne Geld leben möchte und dass ich das Geld als Tauschmittel an sich in Frage stelle. Im Gegenteil, Geld soll, kann, darf und muss vielleicht sogar ein wichtiger Bestandteil unserer Wirtschaft sein. Ich möchte einfach in Freiheit entscheiden, was das Geld mit mir macht und was ich mit dem Geld mache.

Warum lassen wir das Geld bestimmen, wie unser Leben verläuft, indem wir Jobs annehmen, die uns schaden, die schädlich für die Umwelt sind, die schädlich sind für andere Menschen?

Bei jeder Person, die bisher zu mir in die Beratung zum Thema Geld kam, gab es Alternativen zum Status quo. Ich gebe zu, diese hatten in der Regel auch eine Einschränkung des Konsumverhaltens zur Folge, doch im Grunde haben die Veränderungen immer den Weg zu einem lebenswerteren und verantwortungsvolleren Leben aufgezeigt. 

Grundvoraussetzung zur Erlangung der Geldfreiheit ist: Wir müssen unsere Bedürfnisse kennenlernen.

Fasten in jeder Form ist hilfreich, uns daran zu erinnern, was wir wirklich brauchen. Vielleicht ist es ein Zufall oder auch nicht? Die Massnahmen in Verbindung mit dem Coronavirus fallen genau in die Fastenzeit. Die Wirkung ist die gleiche, wir fokussieren uns auf das, was uns wichtig ist. Ich habe von einigen Eltern gehört, die nun mit den Kindern den Garten bepflanzen, mit Blumen und auch mit Gemüse und Erde auf den Balkon tragen für die Tomatenpflanzen. Wir werden wieder kreativ, wir sorgen wieder für Nahrung, von der wir wissen, woher sie kommt. Damit nähern wir uns wieder unseren wirklichen Bedürfnissen. Im Fasten gibt es viel zusätzliche Zeit für mich, denn ich muss nicht kochen, ich fahre nicht ins Büro. Diese Zeit nutze ich, zum Schreiben, Lesen und um mit Freunden und in der Natur zu sein.

Das ist Freiheit für mich. Das ist ein gutes Leben für mich. Und dieses ist mir sehr viel wert. Es gibt vieles, worauf ich auch ausserhalb der Fastenzeit verzichte. Ich konsumiere bewusst und wenig, aber dafür hochwertig und gesund. Ich reise nur gelegentlich, wir musizieren, statt in Konzerte zu gehen. Aber ist das wirklich Verzicht? Für mich nicht, denn ich weiss, dass ich viele Dinge gar nicht brauche, also fehlen sie auch nicht. Und weil ich sie nicht brauche, muss ich auch kein Geld generieren, um sie zu kaufen. Dies bedeutet, dass ich mir aussuchen kann, wieviel und wo ich arbeiten möchte. 

Warum tun dies nicht mehr Menschen? Warum sehen so wenige, wie viel Macht wir dem Geld geben und wie wenig das nötig wäre?

Dieser Artikel ist ein Beitrag im Kontext unserer Fastenwoche 2020 

2 Comments

  1. Weise Worte.
    Wir misten gerade unsere Vorräte aus und merken, dass selbst in Zeiten scheinbaren Mangels noch unglaublich vuel Überfluss herrscht…
    Zeit für neue Pruoritäten, würde ich sagen.

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